ZENA KOLLEKTIV über RAUMSPINNERIN


FLINTA* (F*rauen L*esben I*nter Personen N*on-Binär T*rans A*gender Personen)



Interview von S(GBA) mit Zena Kollektiv (16.12.2021)
“ UNSER ZIEL IST ES, STEREOTYPEN UND GESCHLECHTERROLLEN ENTGEGENZUWIRKEN, FLINT* KÜNSTLERINNEN IN DER CLUBKULTUR ZU UNTERSTÜTZEN UND EINE VIELFÄLTIGERE MUSIKSZENE ZU SCHAFFEN.” sagen ZENA 

Eine Gruppe vier kreativer Frauen und Künsterinnen Naria, OLIV, Sole Fía, Joey Lou arbeitet unter dem Namen ZENA Kollektiv für mehr Diversität in elektronischer Musikkultur. Als junge Plattform bieten sie Räume für Austausch, Ausdruck und Klubkultur, die vernetzt und abholt.

Um nicht nur online oder auf der Tanzfläche, sondern auch offline zum Lesen Neues zu erschließen, haben sie zusammen mit Diana Frasek ein Printmagazin rum um die Themen FLINTA *, Gendergerechtigkeit, Indentiät und feministische Themen kuratiert.

Wie sie in der offiziell schreiben“ Gerade junge Projekte, unbekannte Kollektive und kleine Veranstaltungen fallen momentan durch das Raster und stehen so häufig vor dem Aus.“ Um den Einschränkung entgegenzuwirken, entstand RAUMSPINNERIN, das Printmagazin, mit dem sie Präsenz und Unterstützung schafft. „Darüber hinaus soll es wichtige feministische und gesellschaftspolitische Themen an eine breitere Öffentlichkeit tragen und natürlich für Diskussion und Gesprächsstoff sorgen.“


S(GBA) hat ZENA’s Oliv um ein Gespräch gebeten, um noch tiefer in die Themen einzusteigen und über den Prozess der Entstehung, die Bedeutung von Räumen und Hoffnungen für die Zukunft zu sprechen. 


Ausgabe des Magazins 

Wie kamt ihr darauf, ein Magazin zu gestalten und dann zu drucken? Das macht man ja nicht eben mal so und vor allem ist das ein Haufen Arbeit.



Wir befassen uns innerhalb unseres Kollektivs schon seit Beginn mit Feminismus auf verschiedenen Ebenen. Unser Hauptaugenmerk liegt dabei zwar auf FLINTA * Artists im Bereich der Klubkultur und der elektronischen Musik, aber auch auf dem extrem umfangreichen Bereich der Kunst und Kultur. Im letzten Jahr haben wir im Sommer an einem Online Festival teilgenommen und dafür einen eigenen Floor gestaltet. Diesen Floor haben wir offline in Heidelberg im Haus am Wehrsteg gestaltet und dann via xx online übertragen. Dafür haben wir erstmalig sehr eng mit Künstler*innen aus ganz verschiedenen Bereichen (Malerei, Fotografie, Tanz, Videografie …) zusammengearbeitet. Es ist schön, nicht nur Musik und das Auflegen, sondern auch andere Formen der Kunst mit einzubeziehen, sich auszutauschen und zusammenzuarbeiten, Netzwerke zu schaffen und sich so gegenseitig zu unterstützen. Die beiden Tage waren für uns alle sehr empowernd, weil wir so viel zusammen geschafft haben. Wie auch bei anderen Kulturschaffenden war unser Handlungsspielraum während der im darauffolgenden Winter anhaltenden Lockdowns extrem eingeschränkt. Wir wollten allerdings das Netzwerk weiterhin nutzen und unsere Kreativität ausleben. So haben wir als analoge Plattform - in Abgrenzung zum Streaming die Form des Printmagazins gewählt. Auch vor dem Hintergrund,  dass live Veranstaltungen zu diesem Zeitpunkt und in absehbarer Zukunft nicht realisierbar waren.


Mit welchen Themen beschäftigt ihr euch als Kollektiv und wie spiegelt sich das in dem Magazin wieder?



Mit unserem feministischen Kollektiv wollen wir FLINTA* Künstler*innen sichtbar machen und ihnen eine Bühne bieten, einen Safer Space schaffen, mit gleichgesinnten Personen Netzwerken, gemeinsam mit anderen Künstler*innen Projekte umsetzen und uns vor allem gegenseitig empowern und unterstützen. So gestalten wir allgemein unsere vielfältigen Veranstaltungen, insbesondere aber auch die Bookings. Das Print Magazin soll FLINTA * Künstler*innen vor allem einen Raum und die Reichweite bieten und die Möglichkeit, ihre Kunst zu veröffentlichen und zu zeigen. Wir haben am Anfang kein explizites Thema für das Magazin vorgegeben, sondern einfach verschiedene Menschen angefragt und die Beiträge dann im Nachhinein kuratiert.




“Das ist vielleicht etwas zugespitzt gesagt von mir, aber wenn ich zu viele Räume schaffe statt den öffentlichen Raum „organisiere“ in dem viele unterschiedliche Menschen co-existieren statt in Räumen die eventuell auch nicht für jeden zugänglich sind, würde das nicht auch zur Trennung statt zur Vereinigung führen?” - Oliv 




Wie wichtig ist es euch gewesen oder generell wichtig, internationale Themen und Perspektiven zu sammeln und zu veröffentlichen? Siehst du Parallelen und wo sind Unterschiede, die sich eventuell gar nicht generalisieren lassen?



Jede Person, die am Erstellen des Magazins beteiligt war, aber auch alle Personen, die das fertige Magazin lesen, haben eine unterschiedliche Lebensrealität und Perspektive. Wir sind aber selbstverständlich durch verschiedene Überschneidungen und Berührungspunkte an einzelnen Punkten verknüpft. Hinzu kommt unsere globalisierte Welt, die sehr vernetzt ist, wodurch sich Entfernungen aufweichen und vieles sehr nah kommt. Und natürlich auch der immense Informationsfluss, der durch soziale Medien gestützt wird. Genau deshalb ist es wichtig, die Community und verschiedene Bubbles als großes Ganzes zu denken und spezifische lokale Probleme und Themen in diesen übergeordneten Kontext einzuordnen. In antifeministischen, sexistischen und patriarchalen Kreisen wird oft darauf beharrt, dass es sich um individuelle Probleme und Themen handelt und dadurch der strukturelle Zusammenhang gekonnt negiert. Bei einem Thema wie beispielsweise den neuen Abtreibungsgesetzen in Polen, das wir im Magazin in Form eines Gesprächs thematisieren, hat sich aber auch gezeigt, dass dies (natürlich in unterschiedlicher Ausprägung) ein globales Thema ist. Die Geschehnisse haben eine Welle an Solidarität nach sich gezogen. An diesem Beispiel lässt sich zeigen, dass es zwar anfänglich weit entfernt scheint, auf den zweiten Blick aber auch sehr viel mit unserer eigenen Lebensrealität zu tun hat. Das Magazin ist natürlich nur ein Anfang und kann auch nur in einem gewissen Umfang verschiedene Perspektiven abbilden.


Ihr fordert in eurem Intro Text die Schaffung von „Räumen“. Was bedeuten Räume für euch und für wen sind diese Räume?



Das ist vielleicht etwas zugespitzt gesagt von mir, aber wenn ich zu viele Räume schaffe statt den öffentlichen Raum „organisiere“ in dem viele unterschiedliche Menschen co-existieren statt in Räumen die eventuell auch nicht für jeden zugänglich sind, würde das nicht auch zur Trennung statt zur Vereinigung führen? Das Internet zum Beispiel ist ein öffentlicher Raum, allerdings ohne Regeln, ohne Demokratie. Hier haben sich auch dutzende Räume gebildet die zu Echo Kammern wurden, wenig Platz für Debatten bleibt und eher polarisieren und manipulieren.

Wie ist das mit euren Räumen?



Es gibt selbstverständlich einen öffentlichen Raum für Kunst und Kultur, oft wird dieser aber hauptsächlich von bestimmten Gruppen genutzt und vereinnahmt, sodass es schwierig ist für Personen, die anderen marginalisierten Gruppen angehören, diese Räume zu nutzen,  sich dort wohlfühlen und ein Teil von ihnen zu sein. Die seit Jahrhunderten existierende patriarchale Struktur bedingt dies natürlich extrem. Auch beispielsweise in der Musik- und Klubszene ist dies so. Wir wollen zum einen innerhalb dieser existierenden, öffentlichen Räume Platz schaffen, zum anderen aber auch selbst und eigenmächtig Räume gestalten, die ein Safer Space sind und einen Gegenpol bilden (als eine Art Zwischenschritt). Dadurch kann die Aufmerksamkeit auf die bestehende Einseitigkeit und strukturelle Ungleichheit gelenkt werden. Aus intersektional feministischer Perspektive ist es oft sehr schwierig, bestehende Räume inklusive der Mechanismen und Strukturen zu durchbrechen. Es geht also auch darum, selbst ermächtigt eigene Strukturen und Räume zu schaffen. Trotz alledem führt natürlich kein Weg an einem gesamtgesellschaftlichen Diskurs vorbei, durch welchen der öffentliche Raum neu strukturiert wird. Alles in allem sind das ja auch viele parallel ablaufende Prozesse, die alle etwas Zeit brauchen. Unser Ziel ist eigentlich, dass sich irgendwann darüber keine Gedanken mehr gemacht werden muss, weil alle Räume für alle Menschen gleich offen und nutzbar sind.




“Studien, die das Erreichen tatsächlicher Gleichberechtigung untersuchen, kommen momentan auch eher auf erschreckenden Ergebnissen (vgl. Global Gender Gap Report 2021). Auch deshalb ist es umso wichtiger, sich zusammenzuschließen, zu unterstützen, Banden zu bilden und feministische Kämpfe gemeinsam auszutragen. Nur so sind wir laut genug und können einen gesellschaftlichen Wandel herbeiführen.” - Oliv



Bild: “Vivian Greven, Nabel, 2021, Ausstellungsansicht, Heidelberger Kunstverein”


Welche Themen sind bisher noch nicht dran gekommen, brennen euch aber unter den Fingernägeln zu thematisieren.



Viele! Wir werden nicht müde, uns mit verschiedenen feministischen Themen zu beschäftigen. Und es gibt so viele Personen, die wichtige Dinge zu sagen haben, denen aber bisher nicht genug Gehör verschafft wurde. Wir spielen momentan auch mit dem Gedanken, eine zweite Ausgabe des Magazins herauszugeben, die sich dann ganz neuen Themen und Perspektiven widmen kann.


Welche Künstler*innen wollt ihr an dieser Stellen nennen, deren Arbeit euch inspirieren und ganz wichtig, wer sind euer Traum-Bookings für eure Events?



Der Kampf für Geschlechtergleichheit und Diversität hält bereits seit vielen Jahrzehnten an. Auch wenn wir bis heute nicht in einer gleichberechtigten Gesellschaft leben, wurde global von unterschiedlichen Feminist*innen bereits viel erreicht und strukturelle Veränderungen herbeigeführt. Diese Personen, aber auch Personen in unserem Wirkungsfeld und in feministischen Netzwerken inspirieren und empowern uns jeden Tag aufs Neue und stützen unsere Arbeit. Dank dieser globalen Vernetzung haben FLINTA* Personen heutzutage auch deutlich mehr Sichtbarkeit, sodass man beispielsweise die Musik und Kunst toller FLINTA* Artists anhören, aber auch spielen kann. Es ist schwierig, einzelne Personen herauszuheben, aber wir haben auf jeden Fall ein paar Ideen, die wir als Booking super fänden:)


Seht ihr, dass in der Deutschen Gesellschaft Änderungen passieren, wenn es um Liberalisierung und Gleichstellung von Identitätsrechten und Positionen geht, egal ob besser oder schlechter?



Wie bereits oben erwähnt, sind die feministischen und gesamtgesellschaftlichen Diskurse sehr langsame, zähe Prozesse, die häufig auch mit sehr viel Bürokratie und aber auch Gegenwind verbunden sind. Natürlich würden wir uns da oft wünschen, dass Themen in der Politik schneller aufgegriffen und vor allem angegangen und umgesetzt werden. Einerseits passiert schon viel struktureller Wandel, andererseits kann einem das Erstarken konservativer, rechter, rechtsextremer und identitärer Positionen, vor allem aufgrund der immensen Medienwirksamkeit und der breiten gesellschaftlichen Akzeptanz solcher Positionen durchaus große Sorgen bereiten. Eben jene Strömungen vertreten meist auch antifeministische, sexistische und patriarchale Positionen. Das ist auf jeden Fall frustrierend. Studien, die das Erreichen tatsächlicher Gleichberechtigung untersuchen, kommen momentan auch eher auf erschreckenden Ergebnissen (vgl. Global Gender Gap Report 2021). Auch deshalb ist es umso wichtiger, sich zusammenzuschließen, zu unterstützen, Banden zu bilden und feministische Kämpfe gemeinsam auszutragen. Nur so sind wir laut genug und können einen gesellschaftlichen Wandel herbeiführen.


Für unsere Arbeit im Kollektiv bekommen wir viel positive Rückmeldung, aber natürlich auch Gegenwind. Dies liegt einerseits sicher an unserer Reichweite und den Möglichkeiten und Räumen, die wir uns erarbeitet haben. Andererseits merkt man aber beispielsweise bei den Bookings für Veranstaltungen, aber auch beim Auflegen selbst, wie weit sexistische Haltungen verbreitet und immer noch gesellschaftlich akzeptiert sind. Wir alle haben in diesem Bereich schon einige negative Erfahrungen gesammelt.


Allgemein ist es aber natürlich gut zu wissen, dass LGBTQIA* Themen - berechtigterweise - immer mehr Platz im gesellschaftlichen und politischen Diskursen einnehmen. Dies betrifft natürlich verschiedene Räume: private (bspw. in Freund*innenschaften und Familie), aber auch politische (auf lokaler, kommunaler, bundesweiter, europäischer und globaler Ebene) und öffentliche (wie bspw. den Bereich der Lohnarbeit).


Welche Hoffnungen und Träume habt ihr für Frauen, FLINTA* Personen und LGBTQIA*, auch als Frauen in elektronischer Musik und wie geht es für euch weiter?


Wir wünschen uns, dass FLINTA* Personen und LGBTQIA* Themen in allen Diskursen immer mitgedacht werden und diverse Bookings nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind. Jede einzelne Person trägt einen Teil der Verantwortung, dass unsere Welt gleichberechtigter wird und sogenannte ‘Global Gender Gaps’ geschlossen werden. Wir haben die Hoffnung, dass sich Individuen, Bubbles, Gesellschaften und Strukturen dieser Verantwortung nicht einfach entziehen können, sondern selbst aktiv werden.

Bis dahin werden wir die feministischen Kämpfe (im Bereich der Klubkultur) laut austragen, auf strukturelle Probleme aufmerksam machen und FLINTA* Personen unterstützen. Das Kollektiv bildet in seiner Struktur und Reichweite die beste Grundlage für feministische Projekte unterschiedlichster Art!




Das Print Magazin ist hier erhältlich






Member of Zena: ZENA STANDS FOR MORE WOMXN, TRANS* AND NON-BINARY PRESENCE IN THE MUSIC SCENE


OLIV – www.soundcloud.com/oliviapaula
OLIV dreht seit einigen Jahren gemeinsam mit ZENA und dem Breidenbach Label in und um Heidelberg die Platten. Ihr Sound variiert zwischen verschiedenen Genres wie Minimal, House, Tech, Break Beat, Electro, Acid und Bass.

Solė Fía – www.soundcloud.com/sole-fia
Solė Fía (Mitbegründerin des feministischen Kollektivs ZENA und des Vereins Fuchskultur e.V.) ist eine Geschichtenerzählerin. Mit ihren energiegeladenen und schwungvollen Sets merken wir, dass ihr Sound direkt aus ihrem Herzen kommt. Durch ihre DJ-Sets können wir wiedergeboren werden, die Unschuld zurückgewinnen und ein zeitloses und vielfältiges Set erleben.

MAERIS - https://soundcloud.com/maerismuisc
Maeris ist Musikerin, DJ und MItgründerin des feministischen ZENA Kollektivs aus Heidelberg. Spielerisch verkleidet performed sie mit ihren Instrumenten und hinter den Decks. Ihre Musik wird inspiriert von 90er Techno, synth wave, den Klängen des UK Breakbeat Tech-House & die der minimal Techno Szene.


NARIA - https://soundcloud.com/na_ria
Naria ist eine in Heidelberg ansässige DJ, Mitbegründer des bekannten regionalen Kollektivs Fingerhut und des feministischen Kollektivs ZENA. Mit einem Ohr fürs Detail liebt Naria die Suche nach experimentellen Klängen, mischt verschiedene Genres und verleiht jedem Raum eine groovige Atmosphäre.




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Kontakt: sophie@nsns-magazin.de